Ein mieser Coup

Marlene hat nun schon eine Reihe von Verletzungen an Leib und Seele verkraftet und fühlt sich gestählt. Mario ist weggezogen, sie hat ihn fast vergessen. Ein paar Pfunde hat sie sich abgehungert, ein paar Wochen halbwegs solide gelebt. Auf Männer ist sie nicht besonders gut zu sprechen, sie steckt mitten in der "Überzeugte-Single-Phase" und hat verinnerlicht, dass Männer nur "das eine" können und das nicht einmal richtig.

Allmählich aber bekommt sie Appetit, wieder durch die Kneipen zu tingeln, und beschließt eines Abends, dem Nachbarstädtchen einen Besuch abzustatten und dort ein paar Bierchen zu sich zu nehmen. Weil die Welt bekanntlich klein ist, entdeckt sie, kaum dass sie die Kneipe betreten hat, einen flüchtigen Bekannten. Julius ist Kommissar bei der Kripo. Marlene kennt ihn, weil er vor einiger Zeit wegen einer Diebstahlserie an ihrer Schule ermittelt hat. Damals hat er ihr gefallen, nun aber stellt sie sich mit einem gewissen Gleichmut neben ihn an die Theke, innerlich seufzend, dass sie sich wohl oder übel mit ihm unterhalten muß.

Marlene sieht gut aus an diesem Abend, sie hat sich geschminkt und die Haare aufgesteckt - so gut zurechtgemacht taucht sie längst nicht immer in der Öffentlichkeit auf. Der Kommissar sieht es mit Wohlgefallen, und weil er schon ein paar Bierchen intus hat und im Übrigen Langeweile, macht er Marlene schöne Augen. Er spendiert ihr ein Bier nach dem anderen und doziert leicht angetrunken, sie sei wirklich das reizendste Wesen, das er jemals erblickt habe. Marlene wird schlagartig klar, dass ihre erotische Ausstrahlung erneut Wirkung zeigt und der gute Junge auf nichts anderes als einen One-Night-Stand aus ist. Sie wird innerlich wütend und beschließt, ihren Rachegelüsten endlich einmal nachzugeben.

Klimpert also mit ihren großen Augen und verleiht ihrer Begeisterung über seine imposante Erscheinung (groß, breitbrüstig, muskulös) Ausdruck. Julius macht das Mut. Er schiebt seine Hand verstohlen über ihren gerade mal nicht ganz so ausladenden Allerwertesten - und sie lächelt ihr bezauberndstes Lächeln und tut so, als sei er der ultimative Mann ihrer Träume. In Wahrheit geht ihr diese Anmache fürchterlich auf die Nerven. Warum sie nicht einfach gegangen ist, bleibt eine der vielen Fragen, auf die es keine Antwort mehr gibt.

Marlene kippt das Bier in sich hinein und macht Julius gnadenlos an. Der Kommissar hat sich ordentlich in Ekstase geflirtet und schlägt vor zu gehen. Sie willigt ein, obwohl er nicht gesagt hat, wohin er gehen will. Sie stehen vor der Kneipe, und schnell stellt sich heraus, dass er mit zu Marlene will, genauer gesagt, in ihr Bett. Sie tut ganz erstaunt, und flüstert: "Ach, gehen wir doch lieber zu Dir, das ist näher!" Das Biest weiß genau, dass er verheiratet ist. Er fängt an zu stammeln, er könne sie nicht mit nach Hause nehmen. Marlene grinst innerlich und bereitet mental ihren Abgang vor. Sie küsst ihn wild und bearbeitet mit der Hand sachgerecht die Stelle, wo sich das schiere Verlangen überdeutlich abzeichnet. Er stöhnt auf. Und sagt, er sei verrückt nach ihr und wolle nun sofort in ihr Bett. "Gehen wir in Deins!" flüstert Marlene. "Das geht nicht!" jammert Julius.

Marlene wirft den Kopf zurück. "Na, dann nicht", sagt sie cool und lässt ihn einfach stehen. Und marschiert entschlossen, aber nicht mehr ganz auf der Geraden die Straße hinunter. Julius steht da - völlig aufgelöst wegen Alkohol und nicht zu Ende geführter Anmache und ist gottseidank zu verdattert, um hinter ihr herzulaufen, was sie insgeheim befürchtet hat.

Sie hüpft munter, wenn auch ein wenig schwankend, zum Bahnhof, wirklich voller Genugtuung darüber, dass sie den Typen zum Schein angemacht und eiskalt hat abblitzen lassen. Sie frischt ihren Alkoholpegel mit einem Whiskey in der zwielichtigen Bahnhofskneipe auf, unbehelligt von dem dort saufenden Gelichter, und erwischt bester Laune den letzten Zug nach Hause. Dort wäre sie besser auch wirklich nach Hause gegangen. Aber nein, Marlene steht der Sinn nach einer wilden Nacht ...

 

 

 

 

 

 

Marlene reitet der Teufel