©dpa, März 2004

Feinster Blues-Stil

Eric Clapton: Me & Mr. Johnson

Im Eric Clapton war 15, als er ein Album des legendären Blues-Musikers Robert Johnson entdeckte. Von da an wusste er, was er im Leben wollte.
Johnsons geniales, schwermütiges Gitarrenspiel ließ ihn bis heute nicht mehr los. Auf seinem neuen Album "Me & Mr. Johnson", zollt ihm Clapton mit 14 Cover-Songs im feinsten Blues-Stil Respekt. Für ihn schließt sich damit ein Kreis. "Er hat mein ganzes Leben beeinflusst. Ich weiß, es ist bizarr zu denken, dass ich ihn bei allen meinen musikalischen Entscheidungen miteinbezogen habe. Aber es hat was mit Besessenheit zu tun", sagt der Musiker von weltweiten Rock-Hits wie "Layla", "Tears in Heaven" oder "Cocaine" in einem Interview.
Robert Johnson (1911-1938) wurde nur 27 Jahre alt, seine wenigen bahnbrechenden Songs werden jedoch bis heute kopiert, auch von Led Zeppelin, den Rolling Stones und den Red Hot Chili Peppers. Johnson wuchs im Mississippi-Delta auf, einem ärmlichen Landstrich, dominiert von Baumwollplantagen und schwarzen Wanderarbeitern. Weil er mit seinen langen schlanken Fingern ein unglaubliches Tempo auf der Gitarre hinlegen konnte, rankten sich schon zu Lebzeiten Legenden um ihn: An einer Straßenkreuzung habe er eines Nachts seine Seele dem Teufel verkauft, im Tausch für sein außerordentliches Talent, hieß es. In Wirklichkeit hatte Johnson seine Fertigkeiten vermutlich von einem anderen großen Delta-Blues-Mann abgeschaut: Eddie "Son" House, der auch Charlie Patton gut kannte. 

Mit seinem angeblichen Teufels-Pakt kokettierte Johnson gerne, in "Me And The Devil Blues" besingt er ein Treffen: "Early this mornin'/ooh when you knocked upon my door/And I said: Hello, Satan, I believe it's time to go". Claptons Interpretation ahmt die volle, rauchige Stimme des Sängers nach. Zur Instrumentierung gehören neben mehreren Gitarren und Piano auch die Mundharmonika. Vor einem anderen Teufelssong "Hellhound On My Tail" hatte Clapton selbst Heidenrespekt, wie er zugab, allerdings aus anderen Gründen: Das Stück erwies sich als äußerst schwierig zum Nachspielen. "Johnsons Stil ist so kompliziert, man braucht oft zwei Leute, um den Sound zu kopieren", so Clapton. 

Johnsons Ende war teuflisch und kam, noch bevor er seinen wachsenden Ruhm wirklich auskosten konnte: Während eines Auftritts in Greenwood, Mississippi, soll er aus einer mit Strychnin vergifteten Whisky-Flasche getrunken haben. Die hatte ihm der eifersüchtige Kneipenwirt hingestellt, weil Johnson eine Affäre mit seiner Gattin hatte. Johnson überlebte knapp, starb aber Tage später geschwächt an einer Lungenentzündung. 

Den Briten Clapton, der sich in den 60er Jahren Spitznamen wie "Slowhand" und "God" erspielte, verbinden nicht nur sein phänomenales Gitarrenspiel mit dem schwarzen Amerikaner Johnson, sondern auch das Erlebnis der Kreuzung, des fiktiven Scheidewegs. Beinahe hätte er nämlich zu Beginn der 70er Jahre seine Seele an den "Teufel" Drogen und Alkohol verkauft. Einige seiner berühmten Gitarren waren schon im Pfandhaus gelandet, um den exzessiven Konsum zu finanzieren. Freunde wie Pete Townshend von The Who überzeugten ihn schließlich davon, sich in eine Entzugsklinik zu begeben. 

"Ich habe das Gefühl, ich bin irgendwo angekommen. Blues zu spielen ist wirklich meine erste Berufung als Musiker. Ich spiele, ohne darüber nachdenken zu müssen", so Clapton. Seine erste Liebeserklärung an den Blues war in Zusammenarbeit mit dem legendären Blues-Sänger B.B. King "Riding with the King" (2000) entstanden. 

Nie wieder auf Tour gehen wollte er übrigens nach seinem letzten Album "Reptile" (2001). Zum Glück für seine Fans hält er sich nicht an seine eigenen Versprechen, wie schon öfters in seiner langen Karriere.

Eric Clapton: Me & Mr. Johnson

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(realplayer!)

©Berliner Morgenpost, 2.4.04

CD-Tipp: Eric Clapton:
Me and Mr. Johnson (Reprise/Wea)

Robert Johnson war ein armer, schwarzer Amerikaner, der mit 27 Jahren starb. Dass er davor den Blues sang wie nur wenige, liegt also nahe. Eric Clapton stammt aus England, ist gesunde 59 und trägt gern Armani. Auch wenn er als Blues-Gott in den sechziger Jahren galt, verstummten niemals Zweifel daran, ob sein Blues als solcher hingenommen werden dürfe. Auf dem Album hört man das. Eher zaghaft spielt er Robert Johnsons größte Songs wie "Common In My Kitchen" oder "Love In Vain". Es würde keinen Bluesfreund stören, wenn sich Clapton einmal auch die eigenen Schicksalsschläge mit gebotener Inbrunst von der Seele rasseln könnte. Dennoch ist es Blues. Und gut.                       mpi